Über den Geländefahrrad Aachen e.V. hatte ich die Möglichkeit den Juni über das Drössiger XMA Flow Select 1 in Größe L zu testen. Ihr lest hier jetzt wie es mir mit dem Rad ergangen ist und was mein Fazit zu dem grünen Gefährt ist.
Der Testfahrer
Kurz zu meiner Wenigkeit als Tester: Mein Name ist Ingo, ich bin 39 Jahre alt, 186cm groß und habe eigentlich mein ganzes Leben Sport gemacht. Mountainbike fahre ich seit neun Jahren und meinen Fahrstil würde ich als schnell und kontrolliert bezeichnen. Aufgrund des Geländes hier in der Umgebung bin ich natürlich öfters auf Singletrails unterwegs als auf ernstzunehmendem Downhill. Ein Megavalanche Ergebnis im vorderen Drittel lässt mich aber auch halbwegs an meine Bergabfähigkeiten glauben. Insgesamt achte ich auf meine Fahrtechnik und versuche unüberlegte „go big or go home“ Aktionen zu vermeiden. Ich habe mich bewusst für das getestete Fahrrad entschieden, da ich bereits ein Enduro besitze und seit längerem mit einem Trailbike liebäugele.
So wurde getestet
Was habe ich also mit dem Fahrrad gemacht? Den einen Monat über habe ich es drei bis vier Mal pro Woche auf allen Trails im Aachener Wald bewegt und bin zwei Mal im Bikepark Dreiländereck gewesen. Übernommen habe ich das Rad mit 650B Plus Laufrädern, nach ca. drei Wochen wurden diese gegen 29“ Laufräder getauscht.
Plus-Bereifung
Aufgrund meiner längeren Zeit auf den Plus Rädern ist mein Fazit hier etwas umfangreicher. Ich war anfangs etwas skeptisch, ob ich mit den breiten Reifen Freude haben werde, da ich schon ein Mal ein Fatbike gefahren bin und dieses sich als absolut unhandlich und ziemlich träge erwiesen hatte. Allerdings fühlte sich das Drössiger bereits auf den ersten Metern auf Asphalt agil an und meine Bedenken waren sofort verfolgen. Der Rollwiderstand war gefühlt ziemlich gering. Trotz des eher feinen Profils der Reifen (Rocket Ron vorne und hinten) entwickelten die Reifen bei entsprechend niedrigem Luftdruck im Trockenen gut Grip und nach einer Eingewöhnungszeit war ich genauso schnell unterwegs wie auf meinem Enduro.
Auf vielen Trails hatte ich den Eindruck, dass ich schneller durch Wurzeln und Unebenheiten durch komme und insgesamt ließ sich das Rad sehr willig in Kurven werfen. Die angebliche Trägheit von Plus Reifen konnte ich nicht feststellen. Aufgrund des geringeren Gewichts und des kürzeren Federwegs, verglichen mit meinem Enduro, war es ein Leichtes das Rad an Wurzeln oder Kanten vom Boden zu lösen Dies ermöglicht es einem an vielen Stellen die Linie über das Hindernis hinweg zu wählen anstelle drum herum oder durch es hindurch. Der Federweg war für das Gelände im Aachener Wald und im Bikepark Dreiländereck ausreichend, bei einem 1 m Drop in einen flachen und ausgewaschenen Trail rein war das Fahrwerk aber dann doch merklich am Ende. Dies ist mir jedoch nur auf dieser einen Stelle aufgefallen. Im Bikepark ließen sich alle Strecken und Sprünge problemlos bewältigen. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Rad mit den fetten Reifen der Definition Trailrakete schon sehr nah kommt.
29" im Direktvergleich
Nach drei Wochen habe ich die Plus Laufräder bei Drössiger gegen 29“ Räder mit normalen 2,35er Nobby Nic Reifen getauscht. Mein erster Eindruck war ein wenig wie auf Stelzen zu fahren. Wenn man das stärkere Einsacken der Plus Reifen miteinrechnet, liegt das Tretlager mit den 29er Reifen halt schon locker einen Zentimeter höher. Nach einer Eingewöhnungsphase ließ sich das Rad aber auch mit den großen Rädern sehr schnell und wendig bewegen. Dies allerdings nur objektiv, subjektiv fühlt es sich auf den 29 Zoll Rädern etwas langsam an. Dies wird vermutlich an dem besseren Überrollverhalten über Unebenheiten liegen. Rein vom Grip her würde ich sagen, dass die Plus Reifen etwas die Nase vorn hatten, aber die 29er dafür aufgrund ihrer geringeren Breite und gröberem Profils mit Sicherheit im Schlamm überlegen sind. Allerdings gab es den ganzen Juni über kein wirklich schlechtes Wetter, so dass ich das Rad nur im Trockenen bewegt habe. Wenn es nur nach Spaß geht, würde ich das Rad vermutlich eher mit den Plus Reifen fahren. Berghoch klettert es mit beiden Reifenarten sehr gut und ich konnte keine wirklichen Antriebseinflüsse im Hinterbau bemerken.
XMA Flow Select: Die Vor- und Nachteile
Was hat mir nun also gefallen an dem Rad? Das Rad ist für seine Größe erstaunlich handlich und wendig und macht grade auf eher harmlosen Trails (also fast überall im Aachener Wald) merklich mehr Spaß als mein Enduro, und es ist wirklich schnell. Insbesondere die Leichtigkeit, mit der sich das Rad zum Springen bewegen lässt, und wie einfach man es im Flug von einer Seite zur Anderen kippen kann, hat mich begeistert. Ausstattungsmäßig gibt es keinen Grund zum Meckern, für den Preis des Rades bekommt man ausschließlich hochwertige und sinnvoll ausgewählte Markenkomponenten.
Was hat mir nicht gefallen? Hier kommt jetzt das große ABER zur Plus Bereifung. Die Reifen sind verglichen mit normalen Reifen sehr dünn, vermutlich da ansonsten das Gewicht untragbar hoch wäre. Dies hatte mehrere Defekte zur Folge, inklusive zwei Mal aus dem Wald nach Hause schieben. Das ist auch der Grund weshalb die Laufräder getauscht wurden. Die Magura Bremsen haben nach der Einbremsphase angefangen deutlich hörbare Schleifgeräusche beim Bremsen zu verursachen. Dies trat nach dem Wechsel der Laufräder (neue Scheiben) erneut auf. Außerdem fehlt eine ISCG Aufnahme für Kettenführungen. Trotz eines gedämpften Schaltwerkes hat das Rad zwei Mal auf Trails die Kette vom Blatt abgeworfen.
Was würde ich an dem Rad ändern? Ich würde den Rahmen mit einer Befestigungsmöglichkeit für Kettenführungen versehen. Platz hierfür ist ums Tretlager massig vorhanden. Des Weiteren würde ich das Sattelrohr zwei Zentimeter kürzer ausführen. Ich habe trotz 186cm Größe und eher langen Beinen die Sattelstütze komplett in den Rahmen stecken müssen, um gut sitzen zu können. Jeder mit etwas kürzeren Beinen hätte also verloren. Den Sitzwinkel würde ich ebenfalls etwas steiler machen, da ich den Sattel in der Stütze komplett nach vorne geschoben habe um nicht von hinten treten zu müssen.
Fazit
Mein Fazit: Das Ding macht trotz der kleinen Macken mächtig Laune und lädt zum Spielen auf den langweilig gewordenen, einfachen Trails ein. Trotz der nur 130 mm Federweg verkraftet es aber auch erstaunlich hohe Geschwindigkeiten in ruppigem Gelände. Man muss sich nur dessen bewusst sein, dass das Fahrwerk dann keine Reserven mehr für Fahrfehler bietet.
Würde ich das Rad kaufen? Kurz gesagt: Nein. Nach der Erfahrung mit 650B Plus und 29 Zoll weiß ich nun, dass mein nächstes Rad 650B Räder haben wird, da für mich gefühlt schnell wichtiger ist als gemessen schnell.
So bin ich das Rad gefahren:
- Gabel: 5 Bar, 3 Klick Druckstufe , 14 Klick Zugstufe
- Dämpfer: 12 Bar, 4 Klick Zugstufe
- Plus Reifen (tubeless): Vorne 1,0 Bar; hinten 1,1 Bar.
- Nach dem ersten Plattfuß vorne 1,1 Bar; hinten 1,3 Bar
- 29“ Reifen (mit Schlauch): Vorne 1,8 Bar; hinten 2 Bar
(Alle Dämpfungsangaben von ganz offen aus gemessen)